Fördermittel – Fluch oder Segen!?

Seit dem EU-Haushaltsbeschluss von Ende 2020 stehen auch die Mittel zur Fortführung der Strukturfonds für die Förderperiode 2021 bis 2027 fest. Bund und Länder bringen sich in Position, um die verfügbaren Mittel aus ESF, EFRE, ELER & Co. über verschiedene nationale sowie Landesprogramme abrufbar zu machen. Dazu haben Sie einerseits die Vorgaben der EU zu beachten und andererseits die regionalen Unterschiede und Schwerpunkte der jeweiligen Länder und Regionen. Wir möchten die Aktualität des Themas nutze, um über die Vor- und Nachteile von Fördermitteln im kommunalen Kontext zu sprechen. Fördermittel werden allzu oft missverstanden und so können sie ihren Nutzen in vielen Fällen nicht richtig entfalten: Den meisten von Ihnen wird direkt ein Beispiel dafür einfallen, wo ein Projekt trotz Förderung am Ende scheiterte.

Warum scheitern geförderte Projekte?

Die Gründe für den Misserfolg geförderter Projekte sind vielfältig und lassen sich schwer generalisieren. Es gibt jedoch zentrale Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit steigern, dass ein Projekt das Ende der Förderphase nicht überlebt. Der Einfachheit halber gehen wir in diesem Artikel von einem Förderprogramm aus, welches als Anschubförderung Grundlagen zur Umsetzung eines Kommunalprojektes schafft und z.B. die nötige Infrastruktur oder den Startzeitraum eines Projektes finanziert, welches nach Beendigung des Förderzeitraums fortgeführt werden soll. Dass geförderte Projekte trotzdem scheitern, kann in den meisten Fällen auf mindestens eines der folgenden Probleme zurückgeführt werden:

  • Konzeptionelle Schwächen bzw. praxisferne Betreibermodelle
    Sind Fördermittel dafür gedacht, ein Projekt anzustoßen und eine Startphase zu überbrücken, muss spätestens anschließend ein wirtschaftliches Geschäftsmodell etabliert werden, um die Fortführung des Projekts sicherzustellen. Das gelingt nicht immer. Die im Konzept erdachten Komponenten eines Geschäftsmodells sehen in der Praxis oft ganz anders aus und kommen bei der fokussierten Zielgruppe selten so an, wie sie auf dem Reißbrett entwickelt wurden. Hier muss ein ständiger Austausch mit der Zielgruppe aufrecht erhalten werden, um reale Präferenzen einfangen und das Geschäftsmodell entsprechend anpassen zu können. Gelingt das nicht, wird zum Ende des Förderzeitraums auch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Projekt beendet, insbesondere wenn auch Commitmentverschleppung stattfindet.
  • Commitmentverschleppung
    Die meisten Förderanträge verlangen bereits ein klares Commitment gewichtiger Partner, um überhaupt erst bewilligt zu werden. Doch Commitment kann unterschiedlich ausgeprägt sein und zwischen einem Letter of Intent und einem unterschriebenen Kooperationsvertrag liegen noch einige Hürden. Insbesondere, wenn es um finanzielles Commitment geht, haben kommunale Akteure verständlicherweise wenig Spielraum. Dennoch muss dieses Thema möglichst früh klar besprochen werden. Gerade die finanzielle Förderung eines Projektes durch die Kommune zeigt den Bürger:innen, aber auch der Wirtschaft, wo lokal Akzente gesetzt werden. Auf der anderen Seite trägt fehlendes bzw. unklares Commitment zum Scheitern kommunaler Projekte bei.
  • Versteckte Aufwände und Kosten
    Fördermittel bringen unterschiedlich umfängliche, zusätzliche Aufwände mit sich, die bei der Antragstellung noch nicht sichtbar sind. Neben mehrstufigen Auswahlverfahren, einer genauen Dokumentation zur Verwendung der Mittel und für Personalaufwände sind bspw. auch Beschaffungsverfahren genau zu dokumentieren und zu prüfen. Auch externe Controller sind ggf. einzusetzen. Hier gilt generell: Je überregionaler der Fördermittelgeber, mit umso mehr zusätzlichem Aufwand muss gerechnet werden.

Fördermittel können aber auch eine große Wirkung erzielen, wie zahlreiche gelungene kommunale Projekte zeigen. Ein gutes Beispiel ist die Technologie Werkstadt Albstadt, welche als EU-Leuchtturmprojekt gefördert wurde und sich bis heute hervorragend entwickelt. In unserer Podcastfolge „Best Practice: Fördermittel kommunal klug einsetzen“ sprechen wir mit Daniel Spitzbarth, dem Innovationsmanager der Technologiewerkstatt darüber, was erfolgreiche Förderprojekte ausmacht. Hier geht’s zum Podcast.

Was Fördermittel leisten können

Insbesondere in Bereichen, die gesellschaftlich und politisch zwar gewollt, aber wirtschaftlich aufgrund zu hoher Risiken oder Unsicherheiten noch nicht ausreichend verwertet werden, können Fördermittel Anreize setzen, um bspw. Branchen zu unterstützen, Menschen zu bilden und Perspektiven zu schaffen. Die Förderung stellt dann eine Risikoübernahme durch das Land dar und fördert Wagnisse. So ist es auch nicht verwunderlich, dass geförderte Projekte scheitern: Denn um gefördert zu werden, müssen sie i.d.R. zu einem gewissen Grad hochinnovativ sein und Neuland betreten. Es ist dann folglich nur natürlich, dass dabei auch der ein oder andere Fehltritt passiert.

Das beschreibt auch Daniel Spitzbarth in unserem Gespräch: Man kann kein Projekt, insbesondere kein innovatives Projekt, bis ins kleinste Detail vorplanen, sondern muss immer wieder ins „Machen“ kommen. D.h. konstruktiv bleiben, es immer wieder probieren und sich von einem Fehlschlag nicht unterkriegen lassen, genauso wie Gründende beim Aufbau ihres Unternehmens. Fördermittel erhöhen dabei dann die Erfolgswahrscheinlichkeit. Ist die Erfolgswahrscheinlichkeit zumindest im finanziellen Sinne ohnehin sehr niedrig, dann sollte von Anfang an eine langfristige Förderung sichergestellt werden bzw. das entsprechende Commitment möglichst frühzeitig eingefordert werden. Gerade wenn sich Gesellschaft und Wirtschaft immer schneller wandeln und Trends im Wochenrhythmus wechseln, ist es von besonderer Bedeutung, dass sich auch Städte und Kommunen langfristige Visionen und Ziele setzen und damit Planbarkeit und Verlässlichkeit nicht nur für sich selbst als Organisation erzeugen, sondern auch für alle Stakeholder der Stadt oder Kommune.

Auf Basis klarer zukunftsfähiger Visionen, die örtliche Gegebenheiten einbeziehen, können geförderte Projekte eine sehr große Wirkung entfalten. Gute Beispiele dafür gibt es nicht nur in Albstadt. Die Stadt Meßkirch etwa zeigt mit dem ehemals EFRE-geförderten Projekt Campus Galli wie ein nachhaltiges Betriebsmodell aussehen kann und die Stadt Magstadt ist ein gutes Beispiel für eine gelebte gründungsfreundliche Vision mit klaren Schwerpunkten, das mithilfe einer Förderung durch das Baden-Württembergische Landesprogramm startup bw local ermöglicht wurde.

Neben einer gemeinsamen nachhaltigen Vision braucht es aber auch starke kommunale Akteure, die das Vorhaben unterstützen und insbesondere gegenüber den kommunalen Entscheidungsträgern klar Farbe bekennen. Zudem braucht es Pragmatismus und Flexibilität, um eine Lösung zu finden, die in den meisten Fällen nicht bereits von Anfang an sichtbar ist, oder sich mit der Zeit verändern wird.

Genauso wie Start-up-Gründende sich intensiv mit ihrem Markt auseinandersetzen müssen, um ein Produkt anbieten zu können, das sich mit seinem Mehrwert gegen die Konkurrenz durchsetzt, müssen auch kommunale Projekte ihre Zielgruppe – zumeist die Bürger:innen – möglichst effektiv ansprechen, um ihren Mehrwert beweisen zu können. 

Damit Fördermittel also zum Segen und nicht zum Fluch werden, sollte bereits bei der Antragstellung klar sein, das Fördermittel zwar Risiken minimieren, aber auch nur einen kleinen Teil eines Projektes absichern können und kein Erfolgsgarant sind. Es kommt vielmehr auch auf den Standort, auf die Menschen und auf deren Vision für das Projekt an. Sehen Sie Fördermittel als Starthilfe und niemals als Ziel, konzentrieren Sie sich von Beginn an auf ein solides Konzept und realistisches Betriebsmodell, fordern sie früh Commitment von den entscheidenden Stellen und informieren Sie sich im Vorfeld über den Aufwand der Ausschreibung und über die im Laufe der Förderphase anfallenden Zusatzaufwände, um auch diese von Anfang an miteinkalkulieren zu können, damit Fördermittel auch für Ihr Vorhaben die gewünschte Wirkung entfalten.

Wenn Sie sich näher zum Thema Fördermittel austauschen wollen oder wissen möchten, wie wir Sie unterstützen können, nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf. Wenn Sie Fragen zur Technologiewerkstadt haben oder sich vernetzen möchten, wenden Sie sich gerne direkt an Daniel Spitzbarth.

Axel Dolde
Lotse | Gründungs- und Innovationsbegleiter bei Gründerschiff
axel.dolde@newcities.de
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